Bund Naturschutz kritisiert Genehmigungsverfahren für rund 112 Hektar Fläche
Bei einem Ortstermin informierte die Kreisgruppe des Bundes Naturschutz über das Ausmaß und den zeitlichen Horizont des Projekts, das, so der BN, alle bisherigen Dimensionen des Gipsabbaus im Landkreis sprengt. Antragsteller ist dabei die CA-TEX, ein neu gegründetes Gemeinschaftsunternehmen der Casea GmbH, die unter anderem in Sulzheim (Unterfranken) ein Gipswerk betreibt und der Etex Building Perfomance GmbH, die in Hartershofen/Gipshütte (Landkreis Ansbach) eine Produktionsstätte besitzt. Die im Genehmigungsverfahren beantragten Abbauflächen summieren sich auf rund 112 Hektar, was einer Fläche von rund 150 Fußballfeldern entspricht. Insgesamt plant CA-TEX mit zehn Bauabschnitten, wobei der Startschuss im Osten des Abbaugebiets also in der Nähe von Oberndorf erfolgen soll.
„Wir reden hier von einem Abbauzeitraum zwischen 87 und 175 Jahren“, sagt BN-Kreisgruppenvorsitzende Karin Eigenthaler. Der Zeitraum ergibt sich aus den in den Genehmigungsunterlagen genannten jährlichen Abbaumengen, die mit 70.000 bis 140.000 Tonnen pro Jahr angegeben werden. Insgesamt sollen über 12 Millionen Tonnen Gips aus der Erde geholt werden. Für den BN ist es unverständlich, warum dem Unternehmen ein „Freibrief“ für den Abbau über einen so langen Zeitraum ausgestellt werden soll. Die einzig richtige Vorgehensweise wäre es aus BN-Sicht, maximal einem oder zwei Bauabschnitten die Genehmigung zu erteilen, um dann erneut zu prüfen, welche Auswirkungen der bis dahin erfolgte Gipsabbau auf die Geologie, die Grundwasserflüsse und die umliegenden Quellen hat.
Von Seiten des Unternehmens wird im Genehmigungsverfahren darauf hingewiesen, dass grundwasserführende Schichten vom Abbau nicht betroffen sind. Eine Aussage, die von den Naturschützern mit äußerster Skepsis begegnet wird. „Es wurden für die ganze Fläche gerade einmal vier Grundwassermessstellen eingerichtet“, macht Karin Eigenthaler deutlich und verweist auf die schlechten Erfahrungen, die man beim Gipsabbau in der Nähe von Burgbernheim machen musste. „Auch dort hieß es, dass die Untersuchungen ergeben haben, dass Grundwasser und Quellen nicht betroffen sind und am Ende ist dann die Aischquelle versiegt“, so die BN-Kreisgruppenvorsitzende.
Für den Bund Naturschutz gibt es noch eine ganze Reihe von Gründen, die ein solches Genehmigungsverfahren als aus der Zeit gefallen wirken lässt. Statt ressourcenschonend zu agieren, werde hier auf Jahrzehnte hinaus die Ausbeutung von Naturgips ermöglicht. „Auf die Gipsindustrie wird so kein Druck ausgeübt, um sich viel stärker dem Gips-Recycling zu widmen und eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft aufzubauen“, so Eigenthaler.
BN-Regionalreferent Jonas Kaufmann machte zudem deutlich, dass viele Faktoren des Gipsabbaus Menschen in der Region betreffen können, die jetzt vielleicht noch gar nicht darüber nachgedacht haben. Beispielsweise die Winzer, deren Weinberge in der Umgebung einem deutlich höheren Staubablagerungen ausgesetzt sein werden. Dieser Staub entsteht beim Tagebau, aber ebenso durch Verwehungen von den großen Abraumflächen, die neben den Abbauflächen angelegt werden müssen.
Große Sorge haben die Naturschützer zudem um die Biotop- und Vernetzungsflächen im Umfeld des Gipsabbaus. BN-Mitglied Hans Seitz erläuterte an einem im Besitz des Bund Naturschutz befindlichen „Klein-Biotops Hirtenhügel“, wie auch auf einer überschaubaren Fläche große Artenvielfalt herrschen kann. Das Adonisröschen sei ja vielen Menschen inzwischen ein Begriff, so Seitz, doch es gebe hier eine ganze Reihe von seltenen und seltensten Pflanzen mehr: Berg-Täschelkraut, Kleine Wiesenraute, Dänischer Tragant, Knollen-Kratzdistel, Spanische Schwarzwurzel, Geflecktes Ferkelkraut, Erdsegge, Spargelerbse oder Mittleres Leinblatt – aus dem Mund von Hans Seitz purzeln nur so die Namen von Pflanzen, die auf der Roten Liste stehen.
Seine Sorge ist deshalb groß, dass trotz der Abstandsflächen, die zu Abbaugebiet eingezeichnet sind, auf der kleinen Fläche große Veränderungen zu erwarten sind. Zumal sich neben der Gipssteppenvegetation auch im direkten Anschluss daran eine Schilffläche angesiedelt hat, die wiederum auf einen feuchten Untergrund hindeutet.
Da solche Flächen für die Vernetzung von Lebensräumen eine besondere Bedeutung haben – in diesem Fall die Vernetzung in Richtung Adonishügel bei Erkenbrechtshofen oder den „Sieben Buckeln“ bei Markt Nordheim – sei eigentlich eine Ausweitung nötig und nicht die Bedrohung durch wirtschaftliche Interessen so Jonas Kaufmann. Im Managementplan für die FFH-Gebiete werde die Ausweitung von Vernetzungsflächen dringend angeraten und wäre gerade im Aischgrund besonders wichtig.
Wenngleich der Bund Naturschutz sich bewusst ist, dass das Bergrecht, welches hier zum Zuge kommt, kaum Möglichkeiten lässt, um die Belange des Naturschutzes durchzusetzen, appelliert man dennoch an den Zusammenhalt der Bevölkerung. „Eine Abbaugenehmigung, die über Generationen hinweg Gültigkeit hat, kann niemand ernsthaft wollen“, so Karin Eigenthaler. Und Jonas Kaufmann ergänzt: „Wir müssen gemeinsam viele kleine Kämpfe kämpfen, um den ein oder anderen Sieg zu erringen.“